Die Konstruktion des Geesthardenhauses

Text: Ellen Bauer

Die ausserordentlich sorgfältig erarbeiteten Maßzeichnungen des frühen Geesthardenhauses aus Borsbüll (bei Breklum) von 1770, das im 20. Jahrhundert in das Freilichtmuseum Molfsee transloziert wurde, sind an dieser Stelle im IG Baupflege Lexikon erstmals veröffentlicht. 


Das Geesthardenhaus ist ein langgestrecktes Fachhaus mit wandtragender Dachbalkenkonstruktion. Es entspricht in Grund- und Aufriss dem ursprünglichen jütischen Bauernhaus, schreibt L.C.Peters, nicht in der Konstruktion. 

„Wandtragend” setzt massive, tragende Wände voraus. Sie sind aus Rotsteinziegeln, in Stapelholm und angrenzenden Gebieten aus gelb gebrannten Steinen. Die Farbe des Steines wird vorgegeben durch das unterschiedliche Vorkommen der Lehmqualität. In Angeln und Nordschleswig übernimmt die Statik der Wände eine Fachwerkkonstruktion mit Ausfachung, die ältere Art in Flechtwerk mit Lehmbewurf, die jüngere in Ziegelsteinen. In Nordfriesland ist Fachwerk nur bei der alten Bauweise des Niederdeutschen Fachhallenhauses bekannt.

Auch beim Geesthardenhaus entstehen Fache, die Felder zwischen zwei Deckenbalken, die ebenfalls wie beim Utlandfriesischen Haus am Ende die Sparrenköpfe durch Verzapfung aufnehmen. Das ist die Dachbalkenkonstruktion, ein stabiles statisches Dreieck bildend.

Sowohl für den Wohn- wie den Wirtschaftsteil trägt die Außenmauer diese Konstruktion. Ältere Haustypen zeigen das besondere Detail des außen sichtbaren, kräftigen Mauerbalkens, der annähernd bündig mit der Außenmauer abschliesst, mit den darauf liegenden sichtbaren Deckenbalkenköpfen. Die Zwischenräume sind ausgemauert. Der Traufüberstand des Reetdaches schützt diese alte, außenliegende Holzkonstruktion (Geesthardenhaus in Bordelum).

Das Geesthardenhaus wird in allen Berichten konstruktiv als „wandtragendes Bauernhaus“ beschrieben. Bei näherer Hinsicht gibt es auch in diesem Haus in Teilen Innenständerkonstruktionen. Damit besteht eine gewisse Verwandtschaft zum Utlandfriesischen Haus.

Diese Sonderkonstruktionen sind es wohl, die L.C. Peters benennt als nicht typisch für das jütische Haus. Beim älteren Geesthardenhaus sind in der Loo vier Innenständer (wandnah) notwendig, da die Deckenbalken hier hoch liegen müssen, um ausreichend Höhe zur Einfahrt für das Fuhrwerk herzustellen. Der Bansen- oder Futterraum am Ende des Hauses, der einen Stapelplatz in den Dachraum hinein benötigt, zeigt konstruktiv einen sogenannten „Vierkant“ (siehe Haubarg), das sind vier Ständer (oder auch 6) mit umlaufenden Rähmen, die die Auflast der Sparren übernehmen. Diese Beschreibung trifft zu für das Geesthardenhaus aus Borsbüll von 1770, das im Freilichtmuseum Molfsee steht. Es ist für uns zur Zeit das älteste Beispiel eines Geesthardenhauses. Der „modernere“ Typ des 19. Jh.s und der Jahrhundertwende zum 20. Jh ersetzt die Ständer durch tragende massive hohe Innenwände in der Loo, auf denen die hochgelegenen Deckenbalken liegen.

Geesthardenhaus: Konstruktion
Geesthardenhaus: Konstruktion

Die Hauskonstruktion und die konstruktiven Bauteile

ST // 4 hohe Ständer wandnah in der Loo; bzw. 4 - 6 niedrige Ständer „Vierkant“ im Bansenraum (älterer Haustyp)
FS // Fundament als Sockel unter den Ständern
FM // Fundament Mauerwerk / Granitsteine / Granitquader / Mauerwerk)
RÄ // Rähme / 4 Rähme auf Ständern / umlaufend den „Vierkant“ bildend
DB // Deckenbalken quer über die gesamte Länge des Hauses / Deckenbalkenköpfe auf Mauerbalken (Murplaat) aussen sichtbar (Hinweis auf ältere Bauart)
KB // Kopfbänder / schräge Aussteifung nur an den Ständerkonstruktionen
SP // Sparren verzapft am Ende der DB / bilden die Dachbalkenkonstruktion
KB // Kehlbalken, steifen jeweils 2 lange Sparren ca. mittig im Dachraum aus
HB // Hahnenbalken, zusätzliche Aussteifung der SP im Firstbereich
DL // Dachlatten
MB // Mauerbalken, später Murplat (MP) / Auflager für Dachbalkenkonsruktion
MA // schmiedeeiserne Maueranker / statische Verbindung der ST + DB mit dem MW
WÄ // Innenwände Holz (nichttragend) oder Mauerwerk (tragend)
DD // Dachdeckung Reet

Zur Vertiefung aus dem IG Baupflege Archiv 

Maueranker 03/2004: Umsetzung eines Kapitänshauses

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