Text: Ellen Bauer
Der Grundtyp des Utlandfriesischen Hauses ist ein friesisches Fachhaus mit wandnahem Innenständergerüst im Stall- und Wohnteil, das in sich ein stabiles Hausgerüst bildet.
In seiner konstruktiven Ähnlichkeit zum Niederdeutschen Hallenhaus, das auch in West- und Ostfriesland in frühester Form im 16. Jh. nachweisbar ist (V.G.), übernimmt das Ständergerüst die Statik des Hauses, und nicht die Außenwand. Ein Fach kennzeichnet das Maß zwischen zwei Ständern bzw. Sparren mit Deckenbalken. 9-15 Fach weisen auf den besser gestellten Besitzer (Bauer, Seefahrer, Kapitän) hin, 4-5 Fach messen oft nur die Häuser der „Kleinen Leute“, 7-9 Fach ist der häufigste Typ und hat dann Abmessungen (mit einem Achsmaß der Fache von 1,60-1,80 m) von ca. 8,00-8,50 m Breite und 14-18 m Länge.
Anklappungen mit Untersparren oder Aufsparren in ganzer Länge als Oplöper erweitern die Hausbreite zwischen den Ständern nach außen zur Wand. Es entsteht eine niedrige Traufe. Das bedeutet Ersparnis von Wandmaterial. Ehemals nicht tragende Plaggenwände, Flecht-Lehmwände und Holzwände werden vom 16. Jh. zunehmend durch gemauerte Wände verdrängt. Die Holzverkleidungen an den Giebeln weichen ebenso dem stabileren Mauerwerk.
Dieser historische Richtspruch (L.C.P.) sagt alles. Ohne Wände steht bereits „ein Haus“ da.
Auf der Hallig Langeness wird mit der verheerenden Flut von 1825 nahezu der ganze Hausbestand vernichtet. Der Wiederaufbau erfolgt in Ziegelbauweise. Wenige Reste des Ständerwerks sind integriert worden. Das Dachbalkenwerk wird nun auf tragende Ziegelwände aufgelegt. Eine stützende Mittelwand oder im Stall mittige Stützen ersetzen das ehemalige Ständergerüst, so die Bestandsaufnahmen des Buches der IG Baupflege „Sie überstanden die Grosse Flut“. Diese Häuser sind Beispiele des Utlandfriesischen Hauses ohne Innengerüst.
Das Innenständergerüst und seine konstruktiven Bauteile aus Holz (ältere in Eiche).
ST // Ständer / 2 Ständerreihen innen
F // Fundamentstein aus Granit (Findling) unter dem Ständer /„Sockelstein”
RÄ // Rähm / waagerecht als Längsverband über den Ständern verzapft – zwei Seiten
DB // Deckenbalken / quer aufgelegt auf beiden Rähmen
KB // Kopfbänder /schräge Hölzer stabilisieren Ständer mit DB (quer) oder RÄ (längs)/Zapfen mit Holznagel
SP // Sparren / verzapft am Ende der DB
HB // Hahnenbalken / hochliegender Kehlbalken/ Queraussteifung von jeweils 2 Sparren im Firstbereich (Zapfen/Holznagel) (Anblattung älteste Form)
OP // Oplöper / Aufsparren oder Zusatzsparren als Anklappung (bildet Kübbung)
DL // Dachlatten / urspr. dünne Baumlängen, auch halbiert als Schleten, später gesägt
KAT // Kattschur / innere schräge Brett-Verkleidung zwischen Rähm und Murplaat
KÜB // Kübbungsbalken / waagerechtes Holz / verbindet Innenständergerüst mit Aussenmauer
MA // Maueranker aus Holz / verkeilt aussen KÜB mit Aussenmauer ( später MA aus Schmiedeeisen)
MP // Murplaat oder Mauerbalken – Konstruktionsholz auf der Mauerkrone für SP-Fuss
AM // Aussenmauer - uspr.Holz / Holz- Lehmverstrich, später Ziegelstein /älteste Form Plaggen (Soden)
WÄ // Innenwände - urspr. Holzbohlen / später Mauerwerk
DD // Dachdeckung Reet, älteste Bindung mit Stroh (geflochtenes Reep), Kokos (gedreht), Draht
Utlandfriesisches Haus Langenhorn von 1669
2018/19 Freilegung. Bestandsskizzen und -fotos mit Notizen, siehe Bildergalerie. Fazit: Diese Konstruktion ist noch älter, siehe Kübbungsbalken aus Holz, als die schmiedeeisernen Maueranker vermuten lassen.
Vertiefend zu diesem Thema aus dem IG Baupflege Archiv
Maueranker 04/2002: Ein Dachstuhl aus dem 15. Jahrhundert